CDU-Bundesgeschäftsstelle
z.H. Parteivorstand und Bundestagsfraktion
Klingelhöferstraße 8
10785 Berlin
Offener Brief
Nein zum Messerverbot!
Nein zum Gesetzesantrag des Landes Berlin vom 09.10.2007 / Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes, Bundesratsdrucksache 701/07
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bitte Sie höflichst, sich dafür einzusetzen, dass der vorstehende Gesetzesantrag ersatzlos und umfassend abgelehnt wird.
Begründung:
Der vorstehende Gesetzesantrag stellt einen unerträglichen Eingriff in die Rechte der Bürger dar, insbesondere einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das Waffengesetz wurde bereits vor einigen Jahren im Hinblick auf bestimmte Messertypen deutlich und ausreichend verschärft. Hiernach wurden bereits Spring-Fall und Butterflymesser verboten.
Die übrigen Messer, die jetzt im Visier übereifriger „Sicherheitshüter“ stehen, sind Werkzeuge, auch wenn einige Messertypen von Armeen oder Polizeieinheiten verwendet werden. Unbestritten können Messer missbraucht werden, um andere zu verletzen. Dies geht jedoch auch mit Scheren, Schraubenziehern, Teppichmessern, Skalpellen etc. Auch mit einem Kugelschreiber kann ein Gewalttäter jemandem ein Auge ausstechen.
Rechtlich betroffen und im Ergebnis kriminalisiert würden durch das Gesetzesvorhaben die Millionen Bundesbürger, die Messer als Werkzeuge bei sich tragen. Betroffen sind beispielsweise:
Wanderer, Bergwanderer und Bergsteiger. Jäger, Angler, Taucher, Spaziergänger, Camper, Tourenradler, Biergartenbesucher ,Trachtenvereinsmitglieder, Bastler, Hobbygärtner, Pfandfinder, Autofahrer, Pilzsammler, Wurstverkäufer an Ständen, Käufer von Küchenmessern auf dem Weg vom Geschäft nach Hause
Die vorstehenden Personengruppen haben ein Recht darauf, sämtliche jetzt erlaubten Messer weiterhin in der Öffentlichkeit zu führen. Von den vorstehenden Gruppen gehen keinerlei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Es kann nicht toleriert werden, dass Missbrauch von Messern durch Einzelne zu einer Sippenhaft und Sanktionierung für alle führt. Die vorstehend betroffenen Gruppen gesetzestreuer Bürger können auch nicht vom Gesetzgeber auf Messermodelle verwiesen werden, von denen der Gesetzgeber meint, der Bürger solle sich damit zufrieden geben. Dies würde eben einen unerträglichen Eingriff in die Freiheitsrechte des art. 2 I GG bedeuten.
Dem Staat steht nicht das Recht zu, einem der vorbezeichneten Personengruppen vorzuschreiben, welches Messer er für seine Zwecke mit sich führen darf. Hierbei sei nochmals darauf hingewiesen, dass Messer, die von ihrer Bauart her als gefährliche Gegenstände gelten, bereits durch das Waffengesetz erfasst sind und bei bestimmten Veranstaltungen bereits seit Jahren ein Verbot gilt, bestimmte Messer bei sich zu führen. Natürlich besteht kein Bedürfnis, dass jemand zu einer Demonstration oder einem Discobesuch ein 15 cm langes Kampfmesser bei sich führt.
Aber es muss beispielsweise in Bayern den Teilnehmern von Trachtenveranstaltungen überlassen bleiben, mit welchem Hirschfänger sie ihre Tracht schmücken. Es muss dem Biergartenbesucher überlassen bleiben, mit welchem Hirschfänger oder sonstigem Messer er seine Brotzeit schneidet. Es muss dem Taucher überlassen bleiben, mit welchem Messer er in heimischen Gewässern, beispielsweise den bayerischen Seen, taucht. Der Jäger muss frei entscheiden können, welches Messer er für seine Arbeit oder sein Hobby benötigt. Der friedliche Angler und Pilzsammler muss frei entscheiden können, welches Messer er als Werkzeug benutzen will.
Sollen Polizeibeamte auf Campingplätzen oder an Orten, wo in der Öffentlichkeit Grillfeste abgehalten werden, die Bürger kontrollieren, ob die Steakmesser gegen Waffenrecht verstoßen? Soll der Hobbygärtner, der vielleicht mit einer Machete auf dem Weg zu seinem Garten ist, um Äste zu kappen, zum Kriminellen werden? Der Hobbygärtner muss selbst entscheiden können, welches Messer er in seinen Garten mitnimmt. Soll der Vater oder Großvater, der seinem Kind oder Enkel im Wald einen Stock mit einem feststehenden Messer mit einer Klingenlänge von 17 cm schnitzt, zum Kriminellen werden?
Jedem muss es im Rahmen seiner grundrechtlich gesicherten Selbstverwirklichungsrechte überlassen bleiben, ob er diese Freizeitbeschäftigungen mit einem feststehenden oder feststellbaren Messer mit einer Klingenlänge von 10 cm oder 20 cm ausübt. Gerade für Bergwanderer und Bergsteiger, aber eben auch für Tourenwanderer zu Fuß oder Rad, gehört es zur selbstverständlichen Grundausrüstung ein feststehendes Messer bei sich zu tragen, weil ein großes Messer als Werkzeug eben vielseitig einsetzbar ist. Da ein Wanderer sich bisweilen durch geschlossene Ortschaften und auch in Bahnhöfen etc. bewegt, muss er natürlich auch dort berechtigt sein, sein Messer bei sich zu führen.
Viele Menschen tragen am Gürtel feststellbare Messer permanent mit sich, weil man immer in Situationen kommen kann, wo ein Messer hilfreich ist, insbesondere sogenannte Multitools, die oftmals auch feststellbare, lange Klingen haben. Sollen Polizeibeamte jetzt bundesweit Jagd machen auf friedliche Bürger, die ihr Mulitool oder ein feststellbares Messer bei sich führen? Einem Messer sieht man es zunächst nicht unbedingt an, ob es eine feststellbare Klinge hat oder nicht. Somit wären haltlose Personenkontrollen an der Tagesordnung. Der friedliebende Bürger würde alleine durch das Mitführen eines Messers zu einem potentiell gefährlichen Gewalttäter und Kriminellen hochstilisiert, der jederzeit, wenn er z.B. eine Messertasche am Gürtel trägt, von Polizeibeamten kontrolliert werden könnte. Dies wäre ein unerträglicher und rechtlich haltloser Zustand!
Was ist mit Personen, die Haushaltsmesser, die ebenfalls unter die Definition fallen können, kauft und nach Hause transportiert? Wenn dann die Verpackung nicht vorschriftsmäßig ist und der Zugriff auf das Messer möglich ist, würde aus einer arglosen Hausfrau eine Kriminelle.
Dies alles belegt, dass es sich bei dem Gesetzesvorhaben um ein Machwerk handelt, das nur eines verdient hat: so schnell es geht im Reißwolf geschreddert zu werden.
Die Hauptkunden für die vorliegend im Raume stehenden Messer sind völlig unauffällige, gestzestreue Bürger, die ein Messer als Werkzeug jederzeit griffbereit haben wollen. Als Autofahrer macht es Sinn, z.B. ein feststehendes Messer in der Türablage liegen zu haben, um bei einem Unfall z.B. den Gurt zerschneiden zu können oder im Rahmen von erster Hilfe für andere effizient schneiden zu können. Dem Autofahrer muss es jedoch frei überlassen bleiben, ob er hierzu ein bestimmtes Rettungstool verwendet oder z.B. ein Survival Messer.
Die Initiatoren dieser völlig fehlgehenden Gesetzesinitiative übersehen auch, dass die deutsche Messerindustrie für viele Arbeitsplätze sorgt und volkswirtschaftlich ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor ist. Die Gesetzesinitiative würde bei ihrer Umsetzung unweigerlich zu deutlichen Einbrüchen mit entsprechenden Konsequenzen für die Wirtschaft und die betroffenen Arbeitnehmer führen.
Kriminalpolitisch ist das Vorhaben ebenfalls völlig verfehlt. Es geht lediglich um einige wenige Kriminelle, die sich durch das Verbot ohnehin nicht beeindrucken lassen würden. Das unerlaubte Führen eines Messers würde bei einer mit dem Messer begangenen Straftat ohnehin gemäß § 154 StPO in aller Regel gar nicht verfolgt, sondern eingestellt. Soweit Messer als Tatwerkzeug benutzt werden, darf nicht vergessen werden, dass sich Messerattacken oftmals im häuslichen Bereich mit Küchenmessern ereignen und aus einem Affekt heraus passieren und deshalb ohnehin nicht mit der Gesetzesinitiative bekämpft werden können.
Sollte das angestrebte Verbot beschlossen werden, würden sich entweder die kriminellen Gewalttäter nicht daran halten oder sie könnten sich in jedem Baumarkt mit beliebigen Werkzeugen ausstatten, die einem Messer an potentieller Gefährlichkeit in nichts nachstehen. Man denke hier an große Schraubenzieher, insbesondere Kreuzschraubenzieher mit rund geschliffener Spitze oder angeschliffene Schlitzschraubenzieher, Teppichmesser, Zimmermannhämmer etc. Wer eine Gewalt begehen will, wird sich nicht davon abbringen lassen und benutzt z.B. den beliebten Baseballschläger oder ein Eisenrohr aus dem Baumarkt als Schlagwaffe.
Unsere Gesellschaft und Rechtsordnung kann es nicht tolerieren, dass unter dem Deckmäntelchen angeblicher Sicherheit vor Gewalttaten, nahezu jeder gesetzestreue Bürger massiv und grundrechtswidrig eingeschränkt und im Ergebnis kriminalisiert wird, wenn er sich auf sein natürliches Rechtsempfinden verlassend nicht an ein solches Gesetz hält und sein Messer als Werkzeug in der Öffentlichkeit weiter benutzt und bei sich führt.
Der Haupteffekt eines solchen Gesetzes wäre eine unzumutbare Einschränkung, Gängelung und Kriminalisierung gesetzestreuer Bürger. Deshalb muss dieser Gesetzantrag so schnell es geht gestoppt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Etzel
Rechtsanwalt